VERSUCHE AN KANINCHEN (Beispiele)
„Kaninchen sind keine Einzelgänger, sondern leben in Gruppen mit einer ausgebildeten Rangordnung, welche sie im Laufe der Zeit immer wieder anpassen.“
Verschiedene Gattungen und Arten aus der Familie der Hasen werden Kaninchen genannt, unter anderem das Wild- und das Zwergkaninchen. Kaninchen sind keine Einzelgänger, sondern leben in Gruppen mit einer ausgebildeten Rangordnung, welche sie im Laufe der Zeit immer wieder anpassen. Dem Kaninchen, das den höchsten Rang hat, kommen dabei verantwortungsvolle Aufgaben zu, wie die Zuständigkeit für die Erziehung des Nachwuchses und das Wachehalten, wenn seine Familie sich ausruht.
Kaninchen haben einen typischen Tagesablauf und sind früh am Morgen sowie abends vor dem Sonnenuntergang am aktivsten. Dazwischen ruhen sie sich aus und liegen gerne dicht beieinander, was den Gruppenzusammenhalt stärkt. Sie halten sich bevorzugt an geschützten Orten auf, beispielsweise unter Büschen. Ihre Nahrungsaufnahme nimmt viel Zeit in Anspruch und beinhaltet viel Grünfutter wie Gräser und Kräuter.
Die Sinne von Kaninchen sind weit entwickelt. Sie besitzen ein großes Gesichtsfeld, können in der Dämmerung gut sehen und sich mithilfe ihrer Tasthaare auch in der Dunkelheit gut fortbewegen. Sie kommunizieren über verschiedene Grunzlaute und über Gerüche, beispielsweise indem sie ihr Revier mit den Duftdrüsen unter ihrem Kinn markieren. Haben Kaninchen Angst, verhalten sie sich in der Regel vollkommen still und geduckt. Bei Gefahr warnen sie die anderen durch Klopflaute, die sie mit ihren Hinterpfoten machen.
Kaninchen gehören zu den meistgenutzten Tieren in Versuchen. Laut Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft stehen sie in deutschen Laboren mit 105.784 Individuen im Jahre 2014 an vierter Stelle nach Mäusen, Ratten und Fischen. Sie werden üblicherweise einzeln in kleinen Käfigen oder Boxen gehalten, sodass sie ihren normalen Tätigkeiten wie gegenseitiger Fellpflege, Hakenschlagen und Buddeln nicht nachkommen können. Sie können sich nicht bequem hinlegen und haben keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Grünfutter erhalten sie in der Regel nicht, stattdessen werden sie mit Trockenfutter gefüttert, das sehr energiereich ist, aber schlecht von den Kaninchen vertragen wird.
Versuche, die an Kaninchen durchgeführt werden, sind beispielsweise Versuche zur Reproduktionstoxizität von chemischen Stoffen, in denen schwangeren Kaninchen giftige Substanzen verabreicht werden, um die Auswirkungen dieser zu untersuchen. Kaninchen werden auch häufig für Haut- und Augenreizungstests, sogenannte Draize Tests*, benutzt. Auch LPT bietet die Durchführung von Draize Tests an, für die u. a. Himalaya Kaninchen aus dem LPT-Standort in Löhndorf genutzt werden.
Im Jahr 2014 wurden 105.784 Kaninchen zu Versuchszwecken verwendet.
VERSUCHE AN KANINCHEN
Studie zur akuten Augenreizung des Pestizids MKH 3586a Oxadiazolinon durch Einträufeln in den Bindehautsack von Kaninchen
Art: Auftragsforschung, Datum: April 1999
Auftraggeber: Bayer AG, Department of Toxicology,
Friedrich-Ebert-Straße, 217-233, Wuppertal
Durchgeführt durch: LPT Laboratory of Pharmacology and Toxicology
GmbH & Co. KG
Tiere: 3 männliche Himalaya Kaninchen* (Chr. Fred Leuschner & Co, Löhndorf)
Bei diesem Tierversuch handelt es sich um einen Draize Test nach OECD-Richtlinien, bei dem ein Unkrautvernichtungsmittel an den Augen von Kaninchen getestet wird.
Die Versuchsphase beträgt 21 Tage, die Tiere werden in Einzelkäfigen (42,5 x 60 x 38 cm) gehalten. Während des Versuchs und bis zu acht Stunden danach werden die Kaninchen im Rabbit Restrainer fixiert.
Den drei männlichen Himalaya Kaninchen wird die Testsubstanz (0,1 ml) in den Bindehautsack des rechten Auges gegeben, danach wird das Auge für ca. eine Sekunde geschlossen gehalten, um sicherzugehen, dass der Teststoff im Auge bleibt. Das linke Auge bleibt als Kontrollauge unbehandelt. Nach dem Eintropfen der Substanz werden die Tiere einzeln im Rabbit Restrainer fixiert, um zu verhindern, dass sie mit den Pfoten die Augen berühren können, bzw. um freie Bewegungen zu verhindern. Die Augen werden vor dem Versuch untersucht. Die Untersuchungen nach dem Versuch finden 1, 24, 48 und 72 Stunden sowie 4 bis 21 Tage nach der Anwendung statt.
Der Teststoff zeigt bei allen Tieren schwere, irreparable Schäden der Augen. Beim ersten Kaninchen zeigt sich nach einer Stunde und bis zu 48 Stunden nach dem Eintropfen der Substanz eine schwere Hornhauttrübung (Draize Score* 3), die nach 72 Stunden etwas zurück geht (Draize Score 2). Vom 4. bis zum 21. Tag ist noch eine Trübung nach Draize Score 1 zu erkennen. Das zweite Tier zeigt ab der ersten Stunde bis zu 48 Stunden nach Anwendung des Stoffes ebenfalls eine schwere Hornhauttrübung, die auch nach dem 21. Tag noch vorhanden ist, jedoch etwas weniger ausgeprägt (Score 1). Das dritte Kaninchen hat eine Stunde nach dem Einbringen der Testsubstanz die schwersten Hornhautein- trübungen (Score 4 – höchstmöglicher Draize Score), welche dann 24 bis 48 Stunden später leicht zurückgehen (Score 3), aber, genau wie bei den anderen Tieren, bis zum 21. Tag als Score 1 vorhanden bleiben.
Eine Einfärbung des Auges mit Fluorescein zeigt nach 24 Stunden bei allen Tieren eine Fleckenbildung auf der Hornhaut, die über die gesamte Hornhaut verteilt ist. Sieben Tage später ist die Fleckenbildung immer noch vorhanden, allerdings nur noch auf drei Viertel der Hornhaut. Nach 14 Tagen wird die Einfärbung erneut wiederholt und zeigt bei allen Kaninchen weiterhin eine Fleckenbildung der Hornhaut. Nach 21 Tagen zeigt sich die Fleckenbildung immer noch beim ersten Tier auf der Hälfte der Hornhaut und beim zweiten Tier auf drei Viertel der Hornhaut. Außerdem treten beim ersten und zweiten Kaninchen schwere Iris-Irritaionen auf, welche direkt nach der Anwendung beginnen und während der gesamten 21-tägigen Beobachtungsphase vorhanden bleiben. Das dritte Kaninchen zeigt 72 Stunden nach dem Versuch eine Irritation (Score 1), die bis einschließlich 14 Tage später anhält. Die Bindehaut scheint nicht angegriffen zu sein. Nach diesem Test wird die Substanz als sehr augenschädigend eingestuft, da der Stoff unbehebbare Schädigungen des Auges verursacht.
Titel: Acute Eye Irritation Study of MKH 3586a Oxadiazolinon by Instillation into the Conjunctival Sac of Rabbits.
Quelle: LPT Report Nr. 9301/344/95
Eine Testsubstanz wird in den Bindehautsack des Kaninchens eingeträufelt
„Nach diesem Test wird
die Substanz als sehr augenschädigend
eingestuft, da der Stoff unbehebbare
Schädigungen des Auges verursacht.“
Test auf akute Hautreizungen durch den Wirkstoff H 321 4 GR 00313/1967 (Mercaptodimethur) bei Kaninchen
Art: Auftragsforschung, Datum: April 1998
Auftraggeber: Bayer AG, Werk Elberfeld, Institute of Toxicology, FriedrichEber-Str. 217-333, 42096 Wuppertal
Durchgeführt durch: LPT Laboratory of Pharmacology and Toxicology GmbH & Co. KG, Verantwortlich: J. Leuschner
Tiere: 3 Himalaya Kaninchen* (Chr. Fred Leuschner & Co, Löhndorf)
In diesem Versuch wird ein Hautreizungstest an Kaninchen durchgeführt. Getestet wird das Nervengift Mercaptodimethur, das bei der Herstellung von Insektiziden oder Schneckengift verwendet wird. Der Test wird an drei Himalaya Kaninchen* durchgeführt. Ihnen wird eine Creme aus Wasser und 500 mg des Wirkstoffes (H 321 4 GR 00313/1967) auf ein ca. 6 cm² großes Hautstück am Rücken aufgetragen. Darüber wird ein Verband angelegt. Die Testsubstanz wird für 4 Stunden auf der Haut gelassen. Während dieser Zeit sind die Kaninchen in einem Rabbit Restrainer* fixiert (Abb. links). In den nächsten Tagen wird die Haut auf Hautrötungen, Schorf und Ödembildung kontrolliert.
Die Kontrolle findet nach 1 Stunde, 24 Stunden, 48 Stunden und 72 Stunden statt. Insgesamt werden die Tiere 14 Tage lang überprüft, um zu sehen, ob mögliche Hautveränderungen sich wieder zurückbilden. Der Test wird nach OECD Richtlinien zum Draize Test* durchgeführt. Der Draize Score* liegt bei 0. Es wird unter den Testbedingungen und der Applikationszeit von 4 Stunden keine Hautreizung festgestellt.
Titel: Acute skin irritation test (patch test) of H 321 4 GR 00313/1967 in rabbits.
Quelle: Zitiert in Publikation des Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA): Chemical Review Program, Review of the mammalian toxicology and metabolism/toxicokinetics of methiocarb, Canberra, Mai 2013
Verbesserte Octreotid-Zufuhr ins Gehirn durch
transnasale Elektrodentechnik (Iontophorese)
Art: Wissenschaftlicher Artikel, Datum: Juni 2004
Autoren: Eduard N. Lerner, Elske H. van Zanten (Lerner Medical Technology Ltd. Amsterdam, Niederlande); Gregory R. Stewart (Genzyme Corporation, Framingham MA, 01701, USA)
Durchgeführt durch: LPT Laboratory of Pharmacology and Toxicology GmbH & Co. KG, Verantwortlich: J. Leuschner
Tiere: 23 Weiße Neuseeländer Kaninchen (Charles River*)
In diesem Tierversuch soll herausgefunden werden, ob es Möglichkeiten gibt, Medikamente durch die Nutzung von Elektroden bei transnasalen Infusionen besser in das Gehirn gelangen zu lassen. Dazu werden Kaninchen in verschiedene Gruppen unterteilt und verschiedene Versuche mit der Elektrodentechnik (Iontophorese) durchgeführt. Die Kaninchen werden mit 25 % Urethan betäubt und intubiert*, um das Atmen während des Versuches zu gewährleisten. Außerdem werden Katheter in die Halsschlagader und in eine Halsvene gelegt, um die Hirndurchblutung am Ende der transnasalen Infusion mit Kochsalzlösung zu unterstützen. Ein weiterer Katheter wird in die Oberschenkelvene eingeführt, um während des Versuchs Blutproben nehmen zu können. In beide Nasenlöcher der Kaninchen werden die Elektroden mit dem Medikament Octreotidacetat (Chemotherapiemedikament) so tief wie möglich eingesetzt. Auch auf der Rückseite des Kopfes wird eine Elektrode direkt auf der Haut befestigt, um Wechselstrom herzustellen. Dieser Versuch wird an 5 Gruppen durchgeführt, jede Gruppe besteht aus 3 bis 7 Tieren.
Gruppe 1 (7 Tiere) erhält eine aktive, transnasale Medikamentengabe für 60 Minuten. Gruppe 2 ist eine Kontrollgruppe mit 4 Kaninchen, die eine passive Medikamentengabe aus den Elektroden in der Nase erhalten. Während des Versuches werden die Kaninchen in Rückenlage auf eine Wärmeplatte gelegt, um die Körpertemperatur zu gewährleisten. Es werden jeweils 5 Blutproben entnommen, eine vor dem Beginn des Versuches und vier weitere nach der Verabreichung der Medikamente (15, 30, 45 und 60 Minuten danach).
Die Gruppen 3 (5 Tiere) und 4 (4 Tiere) werden vor dem Experiment durch Ausbluten getötet. Dazu werden die gelegten Arterienkatheter geöffnet, damit das Blut herausfließen kann. Anschließend werden die Katheter mit Kochsalzlösung durchgespült. Danach wird der Versuch genauso durchgeführt wie bei dem Test an den lebenden Tieren: eine Gruppe erhält eine aktive Medikamentengabe durch die transnasalen Elektroden und die zweite Gruppe erhält eine passive Medikamentengabe. Die Gruppe 5 (3 Tiere) dient als Kontrollgruppe. Ihr wird das gleiche Medikament in einer 3-minütigen Infusion statt durch die Nase durch die Oberschenkelarterie verabreicht. Blutproben werden auch hier vor dem Test und vier weitere Male danach (15, 30, 45 und 60 Minuten später) entnommen. Nach der letzten Blutabnahme werden die Kaninchen getötet.
Der Naseneingang ist bei Kaninchen sehr schmal und teilweise durch Nasen- und Gaumenknochen versperrt. Dadurch gibt es beim Einführen der Elektroden teilweise erhebliche Widerstände und es ist schwer, die Elektroden weit oben im Nasenverlauf zu platzieren. Oft kommt es zu Blutungen und kleineren Verletzungen während dieses Vorgangs. Während der Studie fängt ein Kaninchen nach ca. 30 Minuten an zu zittern und leidet nach ca. 45 Minuten an einer rhythmischen Bewegungsstörung. Es ist laut Autoren unklar, ob diese Bewegungen durch die Medikamente, den Wechsel der Körpertemperatur oder den Versuch selber ausgelöst wurden.
Titel: Enhanced Delivery of Octreotide to the Brain via Transnasal Iontophoretic Administration.
Quelle: Journal of Drug Targeting, Vol. 12, No. 5 (June 2004), S. 273–280
Auf Mapofhope veröffentlicht mit freundlicher Erlaubnis und Unterstützung durch:
© Kampagne LPT-Schließen
Hamburg, 2017
Layout: Katharina Rot
Bildnachweise
Wir bedanken uns für das Bereitstellen des Bildmaterials dieser Broschüre unter anderem bei:
PETA (S. 15), BUAV – British Union for Abolition of Vivisevtion (S. 16 & 21),
Ärzte gegen Tierversuche (S. 17 & 30),
speakupforthevoiceless.org (S. 31),
CAARE – Citizens for Alternatives to
Animal Research and Experimentation
(S. 20) und Animal Aid (S. 24 & 26).
http://www.lpt-schliessen.org
info@lpt-schliessen.org
Die gesamte Broschüre kann als PDF direkt bei http://www.lpt-schliessen.org heruntergeladen werden.
Was kann ich tun?
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- Petitionen unterschreiben
- Tierversuchsfrei einkaufen und leben