Interview: „Mit-Gefühl“ – Fehmarns Inselorganist stellt sein Buch vor

Liebe Freunde der MapOfHope!

Heute wird es einmal etwas persönlicher. Die aktuelle Corona-Herausforderung verhindert vieles, was sonst stattgefunden hätte. Proteste, Demonstrationen, Veranstaltungen fallen weg oder sind nur sehr eingeschränkt möglich, und auch mein Haupterwerb neben der Musik, der kleine Laden “Babykutter” auf Fehmarn, musste zwangsweise pausieren, und auch jetzt, da die Türen wieder geöffnet werden können, leidet er unter den Einschränkungen, die für alle gelten. Für Kunden sowie für Einzelhändler wie mich. Ich habe mich entschieden, das Beste aus der im März und April gewonnen Freizeit zu machen, und ein Buch herauszubringen, mit dessen Kauf Ihr mich dabei unterstützen könnt, die finanzielle Unabhängigkeit für den Tierschutz aufrecht zu erhalten, besser noch, wieder herzustellen. Es wird eine Zeit nach Corona geben. Und in dieser Zeit möchte ich wieder mir leisten können, bundesweit auf Veranstaltungen aktiv zu sein, Reden zu halten, Organisatoren zu unterstützen, zu kämpfen, und, letztlich auch diesen Blog weiter zu unabhängig zu betreiben wie bisher. Deshalb habe ich, ausnahmsweise, entschieden, einmal einen Beitrag zu veröffentlichen, der zunächst nicht viel mit dem Kampf für die Rechte der Tiere zu tun haben scheint. Auf den zweiten Blick hat er damit jedoch viel zu tun. Aber lest es gerne selbst.

Euer Eckhard, der Mensch hinter Mapfofhope.info

Danke an den Fotografen und Journalisten Dennis Angenendt (Ostholstein Presse), dass dieses Interview auf Mapofhope.info veröffentlicht werden darf.

Dass Eckhard A. Kretschmer mal ein Buch schreibt, war nicht abzusehen. Das es hierbei um Tiere geht, war hinsichtlich seiner Jugend auch unwahrscheinlich. Es kam anders. Die tierischen Begleiter inspirierten und bereichterten sein Leben so sehr, dass er immer wieder einzelne Texte schrieb, veröffentlichte und sah, dass sie tausendfach geteilt werden.

Seine Follower ermutigen ihn, ja drängen ihn sogar im positiven Sinne, seine Werke zu sammeln und in einem Buch zu veröffentlichen.

Diesen Schritt von der digitalen in die gedruckte Welt geht er, während die Welt aufgrund der Corona-Krise still steht.

Wir haben ihn in Orth auf Fehmarn zum Interview getroffen und viele Einblicke zu Eckhard und seinem Buch erhalten.


Eckhard, Du bist hier auf Fehmarn eher als Kirchenmusiker bekannt. Jetzt habe ich gesehen, dass es ein Buch zu kaufen gibt, mit Dir als Autor. Wie kommts?

Ja. Es stimmt. Ich bin Organist in Bannesdorf und Petersdorf. Viele kennen mich auch aus dem Babykutter in Burg. Dort verkaufe ich dänische Babysachen.

Ja, genau das hat mich auch gewundert. Wann kommt man da noch zum Bücherschreiben?

Das ist das Tolle am Leben an der Küste. Im Sommer muss man ungefähr sieben Monate echt Gas geben. Man arbeitet durchgehend sieben Tage in der Woche, und schafft sich damit die Grundlage, gut durch den Winter zu kommen. Aber in den Wintermonaten ist Fehmarn ruhig, fast wie im Winterschlaf. In dieser Zeit schreibe ich viel. Meist für Andere. Aber eben auch eigene Sachen, wie dieses Buch.

„Das Buch hat sich quasi vorgedrängelt“

Das heißt, das Buch ist jetzt das Ergebnis des letzten Winters?

Nein, eigentlich schreibe ich aktuell an drei anderen Büchern. Das sind große Projekte, die wahrscheinlich auch dieses Jahr noch nicht fertig werden. Das, was Du hier in der Hand hast, hat sich quasi „vorgedrängelt“.

Das heißt, Du schreibst neben Deiner Arbeit für die Kirchen und für Deinen Laden gleichzeitig an vier Büchern?

Nicht ganz. Tatsächlich schreibe ich Texte und Reden für Kampagnen von gemeinnützigen Organisationen, Gastbeiträge für andere Medien, und, das haben wir vorhin ganz vergessen, ich bin ja auch für die Öffentlichkeitsarbeit des Umweltrates der Stadt Fehmarn mitverantwortlich. Dazu dann, an ruhigen Wintertagen, wenn wenige Kunden ins Geschäft kommen, die Bücher.

Unter https://eakretschmer.net/bucher-ebooks/ gibt es Links zu lokalen Buchhandlungen.

Respekt. Du hast gesagt, dieses Buch hat sich vorgedrängelt. Was meinst Du damit?

Ehrlich gesagt, es ist entstanden, weil Leute, die mir auf den sozialen Medien folgen, bei einigen Texten der letzten Jahre immer wieder vorgeworfen haben, kein Buch zu schreiben. Und als dann, als die Saison eigentlich angefangen hätte, nach der Rede der Bundeskanzlerin am Freitag, den 13. März, das Leben mehr oder weniger eingestellt wurde, war auch mein Laden wochenlang zu.

Das heißt, Du bist zuhause geblieben?

Ja. Du kannst es Home-Office nennen. Ich habe zuhause, in dem kleinen Ort, in dem ich lebe, einen ziemlich stabilen Arbeitsrhythmus durchgehalten. Und ich habe aus den Texten, die die Leute am meisten gemocht haben im Internet, und vielem, was ich noch neu geschrieben habe, ein Buch gemacht.

Ok, diese Rede von Frau Merkel ist jetzt acht Wochen her. Du willst mir sagen, dass es möglich ist, innerhalb von zwei Monaten ein Buch aus dem Nichts zu machen? Also, knapp 400 Seiten Text schreiben, einen Verlag finden, und der druckt in dieser Zeit dann auch noch die Bücher?

Nicht ganz. Tatsächlich waren ja viele Texte oder zumindest Ideen, schon vorhanden. Aber richtig. Es waren doch einige, viele Stunden notwendig, daraus und aus dem, was ich extra noch geschrieben habe, ein Buch zu machen.


Das neue Buch von Eckhard A. Kretschmer „Mit-Gefühl – Immer mehr Nähe zu Tieren“ hier bei lokalen Buchhandlungen kaufen


Worum geht es denn eigentlich in dem Buch? Ich sehe, darauf bist Du abgebildet, mit einem Deiner Hunde, und ihr schaut zur Fehmarnsundbrücke.

Es geht um Mitgefühl. Es geht darum, Menschen zu berühren, mit Dingen, über die man sonst so nicht spricht. Wahrscheinlich als Mann noch weniger. Die Texte, die die Menschen am meisten berührt haben, waren Worte der Empathie. So zum Beispiel, als ich eine Flaschenpost gefunden hatte, und auf Wunsch der Versenderin wieder ins Meer warf. Ich wollte unbedingt, dass sie weiss, dass ihre Nachricht angekommen ist, und wo ihre Flasche jetzt weiterreist. Also habe ich meine Gedanken und Gefühle dazu aufgeschrieben.

Oder zum Beispiel, Ostersonntag letztes Jahr. Da habe ich das erste Mal im Leben einen Ostergottesdienst auf dem Dorf erleben dürfen, der in dunkler Nacht anfängt. Die Gemeinde ist nach draußen zu einem Feuerkorb gegangen. Es wurde gelesen und gesungen. Und es war so berührend, wie die Natur erwachte, die Sonne aufging, und vor allem, wie wunderschön die Vögel gesungen haben. Als ich dann zu meinem zweiten Gottesdienst gefahren bin, war schon einer dieser wunderbaren Sänger Opfer eines schnellfahrenden Autos gewesen. Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, habe ich letztes Jahr aufgeschrieben, und vertraue sie in diesem Buch auch meinen Lesern an.

Das klingt sehr philosophisch.

Weiss nicht. Klingt es nicht eher sehr menschlich? Ich glaube nicht, dass ich ein Philosoph bin, aber ich bin jemand, der sich sehr mit dem Respekt und dem Mitgefühl gegenüber allen Wesen, Menschen und Tieren beschäftigt.

Du bist auch Moderator von Großkundgebungen in Hamburg gewesen, erinnere ich mich.

Na ja, nein. Ich habe dort nur durch das Programm einer Veranstaltung geführt, die sich kritisch mit Tierversuchen, besonderes mit Betrug und Tierquälerei durch einen Laborbetreiber beschäftigt hat.

Tiere liegen Dir also sehr am Herzen?

Ja. Das ist so. Und immer, wenn es meine Zeit zulässt, unterstütze ich Organisationen und Menschen, die sich für die Tiere einsetzen. Das kann man ja auch prima vom Hinterzimmer meines Ladens aus tun.

Wie meinst Du das?

Ich habe einen Blog zum Thema Tierschutz, und ich unterstütze bundesweit Veranstalter, wenn sie meine Hilfe gebrauchen können. Ich schriebe z.B. für sie Manuskripte für Reden, Presseveröffentlichungen, Absicherungskonzepte zur Vorlage bei den Versammlungsbehörden …

Das klingt so, als ob Du ziemlich viel schreiben würdest. Vier Bücher parallel, und dazu noch das alles. Sag mal, wie viele Stunden schläfst Du eigentlich überhaupt?

Du, Dennis, das ist überhaupt kein Problem. Ich schreibe bis zu 340 Anschläge in  der Minute. Da kann man so einiges auch ohne Augenränder produzieren.


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Lass uns noch einmal zurück zu Deinem Buch kommen. Wer sollte das lesen? An wen hast Du beim Schreiben gedacht?

Zunächst an die vielen wunderbaren Menschen, die mich ermutigt haben, die mich quasi fast schon gedrängt haben, endlich ein Buch zu schreiben. An Menschen, die die Art, wie ich schreibe, mögen, die die Inhalte mögen, und die solche Texte gerne auf Papier, zum Anfassen, haben wollten. Dann an alle die Menschen, mit denen ich gemeinsam in Hamburg, Münster und an anderen Orten gegen Tiermissbrauch aktiv war und bin.

Ich höre immer wieder heraus, dass Du ein besonderes Verhältnis zu Tieren hast. Bist Du mit Tieren aufgewachsen?

Nein. Interessanterweise hatten wir bis in die meine Schulzeit keine Tiere in der Familie. Danach schon. Aber diese Nähe, dieses Verständnis und Mitgefühl mit ihnen, das hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Und in dem Buch beschreibe ich,  wie Tiere mich veränderten, und wie „Immer mehr Nähe zu Tieren“ entstand.

Das heißt, Du bist jetzt anders, als Du früher warst?

Klar. Ich glaube, jeder Mensch verändert sich, wenn er diese Veränderungen zulässt, und auf sich achtet. Ich zum Beispiel habe früher leidenschaftlich gerne Fleisch gegrillt. Mit russischen Freunden an der Weser in Minden. Eingelegte Spieße, Steaks, alles möglich. Aber je mehr man sich mit Tieren beschäftigt, sie kennenlernt, versteht, dass wir uns nicht so sehr von ihnen unterscheiden, dass auch sie Gefühle haben. Muttergefühle, Babygefühle, Sehnsucht, Trauer, Freude, dass in ihnen genau so ein Herz schlägt, wie in uns, dass ihre Organismen unseren so ähnlich sind, dass wir sie fast schon als „Verwandte“ sehen könnten …

Ich ahne jetzt einfach mal, was kommt: Du lebst vegan?

Stimmt.

Das Buch enthält keinen erhobenen Zeigefinger

Also ist das irgendwie auch ein veganes Buch?

Nein. Das ist ein Buch für Menschen mit Gefühlen. Vielleicht auch ein Versuch, einfach an mir selbst darzustellen, was alles passiert ist, und wie ich so langsam anfing, mit Tierschutz zu beschäftigen, dann kein Fleisch mehr zu essen, und dann irgendwann gar nichts mehr vom Tier. Es enthält keinen erhobenen Zeigefinger. Aber vielleicht Gedankengänge, die Leser nachvollziehen können. Ich will ja niemanden bekehren. Aber ich würde mich natürlich freuen, wenn Leser sich ihre eigenen Gedanken machen, und dann eigene Entscheidungen treffen würden …

Also vegan zu werden?

Als vegan lebender und fühlender Mensch wäre das natürlich sehr schön. Aber ich bin da realistisch. Ich glaube, dass Menschen kommunizieren sollten. Fair, auf Augenhöhe, und sich zuhören. Und ich glaube nicht, dass man mit dem Holzhammer jemanden bekehren kann.

Also eher so, dass Du als Veganer ein Buch geschrieben hast, das vielen Menschen gefallen könnte?

Ja, so in etwa.

Wir sitzen hier im Hafenimbiss Kap Orth. Das ist, kurz gesagt, ein Grillimbiss für Fisch und Fleisch. Ein besonderes leckerer, aber auf jeden Fall nicht vegan. Trotzdem treffen wir uns hier.

Du, ich kenne den Hafenimbiss schon gefühlt fast zwanzig Jahre. Auch noch als Fleischesser. Und Regina und Lena kenne ich genau so lang. Ich fände es natürlich super, wenn die mehr Veganes anbieten würden. Aber ich bin kein aggressiver Missionar. Und ich komme, denke ich, ziemlich gut mit Menschen klar, die keine Veganer sind. Ich kann sie respektieren. Und das geht am besten, wenn sie auch mich als  den respektieren, der ich bin. Ich habe sogar bei der Seebestattung von Uwe, dem Chef, Akkordeon gespielt. Die Lieder, die er früher abends mit mir gemeinsam gesungen und gespielt hat. Und mal ehrlich: Würde ein Veganer auf Fehmarn nur mit Veganern sprechen wollen, der hätte nicht viel zu sprechen. Da bin ich realistisch.

Eckhard, ich wünsche Dir, und diesem Buch, ganz viel Erfolg. Was ich aber noch kurz fragen will: Was sind das andere für Bücher, an denen Du noch arbeitest?

Da möchte ich eigentlich noch nicht zu viel verraten. Aber eines zumindest ist so etwas wie ein Briefroman. Eine Beagle-Hündin beschreibt ihr Leben im Versuchslabor, ihre Rettung und ihre Leben danach in einer liebevollen Familie.

Also noch ein Tierschutzbuch?

Ja. Das ist noch eines. Aber in meinem anderen Buch werden zum Beispiel sogar Hunde gegessen. Das spielt teilweise in Nordkorea.

Ok, das klingt spannend. Aber darüber sprechen wir dann das nächste Mal. Danke, dass Du mir Rede und Antwort gestanden hast!

Danke Dir, dass Du die Zeit gefunden, und mich ausgefragt hast …